Musik

Sophie Hunger im Interview

Sohpie Hunger: Drei Jahre nach ihrer letzten Studioplatte, können sich Fans nun endlich auf ein Lebenszeichen der Künstlerin freuen, die ab dem 24.04. mit ihrem neuen Album „Supermoon“ ins Rampenlicht zurückkehrt. flair spricht mit der 32-jährigen über Musik, Heimat und die Pariser Mode.

Fotos: Marikel Lahana, Text: Ronja Auerbacher

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Dein Künstlername setzt sich aus dem zweiten Vornamen und dem Mädchennamen deiner Mutter zusammen. Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass du dich nach ihr benannt hast?

Ja, damals als ich angefangen habe, brauchte ich einen neuen Namen um dem Ganzen eine Form oder eine Hülle zu geben, die ich dann ausfüllen kann. Da war der Name einfach perfekt. Schon als Kind wusste ich immer: Ich habe diesen Namen in meiner Tasche. Irgendwann ziehe ich ihn raus und mache ein Leben damit. Und das war dann der Moment.

SUPERMOON ist bereits dein viertes Album. Wie hat sich deine Musik im Laufe der Jahre entwickelt?


Ich habe angefangen mit sehr simplen Sachen wie akustischer Gitarre und akustischem Piano. Das habe ich dann abgelegt und wollte eine Zeit lang viel mehr mit Schlagzeug, elektrischer Gitarre und elektronischen Einflüssen arbeiten. Jetzt hatte ich wieder Lust, mich mehr auf den Klang natürlicher Instrumente zu konzentrieren, das neue Album ist also ein bisschen „back to the roots“ mit mehr akustischen Elementen.

In deiner Musik finden sich Einflüsse aus vielen verschiedenen Musikrichtungen. In welches Genre würdest du dich selbst einordnen?

Ich denke, ich bin eine ganz typische moderne Musikerin. Ich bin mit allem aufgewachsen, was das 20. Jahrhundert erfunden hat. Sowohl mit den klassischen Sachen wie Jazz, aber auch mit Hip-Hop, Rock, Punk und elektronischer Musik. Man hört das alles im Radio oder Fernsehen und macht dann automatisch eine Art Mix daraus.

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© Marikel Lahana

Gibt es ein großes musikalisches Vorbild, das dich schon immer geprägt hat?

Radiohead ist für mich die bedeutendste Band der Gegenwart, die habe ich von Anfang an gehört. Es war auch die einzige Band, von der ich ein richtiger Groupie war. Eine Zeit lang habe ich mein Auge immer halb geschlossen gehalten und gehofft, das es irgendwann bleibt, da ich unbedingt so aussehen wollte wie Thom York. Ich konnte mir damals gar nicht vorstellen, dass ich irgendwann in meinem Leben gerne ein normales Auge hätte. (lacht)
Ich habe aber vermutlich musikalisch nichts gemacht, bei dem man den Einfluss der Band direkt hört.

Du bist nach Kalifornien gegangen, um eine kleine Pause vom Musikbusiness einzulegen. Woher kam das Bedürfnis?


Ich habe sechs Jahre lang durchgespielt, in meiner Pause wollte ich also vor allem keine Auftritte mehr geben und Abstand davon nehmen, im Rampenlicht zu stehen. Wer springt, braucht auch Anlauf, ich wollte ein bisschen Anlauf holen. Ich habe jetzt seit eineinhalb Jahren nicht gespielt.

Trotzdem ist ein Großteil deines Albums dort entstanden, was hat dich inspiriert?

Ich habe schnell wieder angefangen zu schreiben, das hatte viel mit Gedanken zu tun, die ich hatte. Wo soll ich leben? Wie soll ich leben? Soll ich einfach akzeptieren, dass ich kein Zuhause habe? Ich habe schnell gemerkt, dass das wahrscheinlich am gesündesten ist, weil ich nunmal so lebe.

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© Marikel Lahana

Man merkt auch in deinen Texten, dass es viel um Veränderung und Aufbruch geht. Fühlst du dich mittlerweile „angekommen“?

Ich denke, ich habe eher die Strategie geändert und versuche gar nicht anzukommen. Ich akzeptiere, dass ich nunmal keinen Lebensmittelpunkt habe und viel unterwegs bin. Seit ich das erkannt habe, fühle ich mich sehr wohl.

Würdest du im Nachhinein sagen, dass es in irgendeiner Weise gut für dich war, dass du an so vielen verschiedenen Orten aufgewachsen bist?

Ich weiß nicht. In meiner heutigen Situation, ist es natürlich einfach zu sagen „Ja, denn es hat mich auf diesen Weg gebracht“. Man kennt auch nur das, was man erlebt hat, deswegen weiß ich nicht, ob es anders besser gewesen wäre. Ich nehme das, was ich habe und versuche, keine Spur von Zerstörung zu hinterlassen.

Kannst du dich an einen Moment erinnern, in dem du dich bewusst für die Musik als Beruf entschieden hast?

Ich wusste immer, dass es das ist, was mir am leichtesten fällt, aber ich hatte keine klaren Ziele. Ich weiß noch, als ich 18 war, war ich in einer kleinen, verruchten Jazzbar, in der eine Band mit einer Background-Sängerin spielte. Die Bar war leer – also alles andere als eine erfolgreiche Jazzband –, aber ich saß da und dachte „Das muss das Allercoolste sein, Background-Sängerin bei dieser Band zu sein!“. Da habe ich mir gesagt, wenn ich jemals die Chance habe, so etwas zu machen, muss ich einfach zuschlagen (lacht). Ich habe also ganz klar alles übertroffen, was ich mir auch nur im Ansatz vorgestellt habe.

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© Marikel Lahana

Als Modemagazin interessiert uns natürlich auch dein Style. Wie würdest du selbst deinen Kleidungsstil beschreiben?

Ich trage gerne klassische Kleider. Ich mag sehr gerne französische Modelabels wie Agnès B. und kaufe fast alle meine Kleider in Paris. Ich mag es, als Frau auf der Bühne zu stehen, ohne dass man schon anhand meiner Kleidung etwas verraten kann. Das Formale, Zeitlose schafft sehr viel Raum, in dem man dann gut Akzente setzen kann.

War das schon immer so, oder hattest du früher auch andere Phasen?

Ich hatte eine Zeit, in der ich sehr viel Hip-Hop gehört habe. In der Phase habe ich wirklich diese weiten Hosen getragen und übergroße T-Shirts, alles was dazugehört. Als Teenager habe ich mich sehr gerne extrem unmodisch angezogen, ein bisschen wie ein Junge. Ich fand das irgendwie cool. Ich wollte überhaupt nicht modisch sein und eher in der Masse verschwinden, als aufzufallen. Erst durch die Bühne habe ich dann entdeckt, welche Bedeutung Kleidung hat und interessiere mich jetzt immer mehr dafür. Ich finde Mode ist etwas unglaublich Schönes, gerade in Frankreich. Wenn Frühling ist in Paris, sieht man auf den Straßen überall gut gekleidete Menschen, sie haben einfach so viel Geschmack und das ist wunderschön.

Wann hast du angefangen dich zu schminken und wer hat es dir beigebracht?

Auch für die Bühne, also eher spät. Ich glaube, die Bühne hat mir extrem geholfen, eine Idee für mein Äußeres zu bekommen. Dadurch habe ich dann angefangen, mich auch im Alltag zu schminken. Beigebracht hat es mir niemand, sonst hätte ich es wahrscheinlich gerne schon früher gelernt.

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© Marikel Lahana

Welches Produkt hast du immer in deiner Handtasche?

Ein Messer von meinem Großvater. Es gibt eine Legende, dass er eines Nachts von einem tollwütigen Fuchs angegriffen wurde und ihn mit diesem Messer getötet hat. Ich habe noch nie jemanden gestochen, aber ich weiß, mit diesem Messer könnte ich es. Ich habe das Gefühl, wenn es darauf ankäme, wüsste ich, wie man es benutzt, weil es so eine Geschichte hat.

Auf welches Ereignis in den nächsten Wochen freust du dich besonders?

Auf die Proben. Die Band ist leicht neu zusammengestellt und ich habe sie sehr lange nicht gesehen. Wir werden das Programm zusammenstellen, das wir das Jahr über spielen werden, und dann 40 bis 50 Songs proben, darauf freue ich mich wahnsinnig. Das ist immer die schönste und eine sehr unschuldige Zeit, weil man einfach spielt. Irgendwann kommt dann der Tag des Auftritts immer näher und vor dem habe ich ein bisschen Bammel, weil ich jetzt eineinhalb Jahre nicht aufgetreten bin. Ich weiß überhaupt nicht, wie sich das anfühlen wird.

Was möchtest du unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Falls sie mit ihrem Leben aus irgendeinem Grund ein bisschen unzufrieden sind: Investiert in Weiterbildung. Man muss kein ganzes Studium machen, aber in Wissen investieren, denn daraus können ganz neue Sachen entstehen. Das Leben heutzutage ist lang, es dauert vielleicht 90 Jahre und je früher man aufhört, sich weiterzubilden, desto sinnloser wird die Zeit, die man hat.

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Supermoon Cover

Tourdaten von Sophie Hunger in Deutschland

06.05. – München, Freiheiz
07.05. – Köln, Gloria
13.05. – Hamburg, Mojo Club
14.05. – Berlin, Heimathafen
16.05. – Frankfurt, Alte Oper
18.06. – Berlin, Kesselhaus
20.06. – Duisburg, Traumzeit Festivals
18.07. – Lörrach, Stimmen Festival
01.08. – Oberammergau, Heimatsound Festival
02.08. – Karlsruhe, Zeltival
05.09. – Leipzig, Parkbühne

Tickets unter: www.sophiehunger.com

21.04.2015