Musik

Selah Sue über Ihre neue Single "Alone" und ihr Album "Reason" im Interview

„Es ist das Leben, das mich inspiriert“ – Vier Jahre nach dem Debütalbum erscheint am 30. März mit „Reason“ das langersehnte neue Album der Soul-Sängerin Selah Sue. flair hat die 25-Jährige getroffen und spricht mit ihr über Musik, Modesünden und die wirklich wichtigen Dinge im Leben

Text: Ronja Auerbacher

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Selah Sue

Dein neues Album wird in wenigen Wochen veröffentlicht – woher kommt der Titel „Reason“ und wie steht er in Verbindung mit den Songs auf dem Album?

In meinem ersten Album ging es vor allem um Selbstakzeptanz, um pure Emotion und das Leiden. Ich war damals wirklich depressiv und sehr unsicher, es ging also um den Versuch, mich selbst zu akzeptieren.
Weil das immer eine Herausforderung für mich bleiben wird, handelt auch das zweite Album von Akzeptanz, diesmal aber im Sinne von Einsicht, von Vernunft. Als das erste Album erfolgreich wurde, wurde ich zum Chef von zehn Menschen, die zwanzig Jahre älter sind als ich. Ich bin außerdem die Stiefmutter zweier Mädchen und musste gemeinsam mit zwei Produzenten das zweite Album auf die Beine stellen. Um das alles zu bewältigen, musste ich meinen Sinn für Vernunft, meine Einsicht, nutzen und das ist tatsächlich auch der Grund, warum ich das Album „Reason“ genannt habe. Es zeigt die Entwicklung vom ersten zum zweiten Album.

Wie unterscheidet sich das neue Album in musikalischer Hinsicht vom vorherigen?

Ich denke, es ist ein bisschen schlauer und ein Stück weit erwachsener, denn ich hatte eine Vorstellung von dem, was ich wollte. Beim ersten Album wusste ich nicht, was es überhaupt bedeutet, ein Album zu produzieren. Ich glaube, es ist durchdachter, auch wegen der Lyrics, bei denen ich Hilfe von einem Freund bekam, der Englisch studiert hat – die Texte sind also viel besser formuliert, tiefergehend. Vom Stimmlichen her habe ich, im Gegensatz zum ersten Album, viel mit Harmonien gearbeitet. Ich denke, das ist eine ganz gute Entwicklung, ich bin einfach erwachsen geworden (lacht).

Von allen Songs, die du bisher geschrieben hast – welche sind deine Lieblingssongs?

„Always Home“ liegt mir sehr am Herzen, weil es ein Song ist, für den ich sowohl den Gesang als auch die Gitarre geschrieben habe. Ich mag die Melodie, die Art wie ich spiele und auch der Text ist einfach... gut.
Und der letzte Song „Falling out“, der ist sehr elektronisch, aber das ist die Musik, die ich auch privat höre. Außerdem ist der Text direkt und konfrontierend. Ich denke der Song ist sehr stark und aussagekräftig.

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Wenn dir manchmal nicht danach ist, kreativ zu sein, was tust du, um dich zu inspirieren?

Ich muss nicht reisen oder bestimmte Dinge sehen, um inspiriert zu werden, ich muss nur viel fühlen und das ist kein Problem (lacht). Ich empfinde genug, ich gehe durch Höhen und Tiefen, es ist also das Leben, das mich inspiriert.

Da du gerade das Reisen erwähnt hast – du bist ja in einer ziemlich kleinen Stadt aufgewachsen, vermisst du das ruhige Kleinstadt-Leben manchmal?

Das Gute ist, dass ich in Leefdaal – dieser kleinen Stadt – ein Haus gekauft habe, es ist also immer ein Ort, an den ich zurückkomme. Außerdem habe ich eine Abmachung mit meinem Management, dass ich maximal drei Wochen am Stück unterwegs, und danach immer ein paar Tage zuhause sein darf. Ich pflege also eine gute Verbindung zu meiner Heimat.

Lass uns noch ein bisschen bei deinem Leben bleiben. Was würdest du sagen, waren die drei Stationen deines Lebens, die dich und deine Persönlichkeit am meisten verändert und definiert haben?

Wow, das ist eine schwierige Frage. Ich denke, eine ist, als ich offiziell beschlossen habe, Musik zu machen. Vorher habe ich zweieinhalb Jahre Psychologie studiert. Als ich die Entscheidung traf, mein Studium abzubrechen und mich der Musik zu widmen, hat sich alles verändert.
Und – das ist jetzt sehr ehrlich – als ich 18 war, habe ich angefangen, Anti-Depressiva zu nehmen, das hat mein Leben verändert. Ich wurde viel ausgeglichener und zufriedener. Das war ein wirklich großer Schritt für mich, aber auch das Wichtigste, was ich in meinem Leben bisher getan habe.

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Du hast Psychologie studiert. Verändert das deinen Blick auf gewisse Dinge oder beeinflusst es vielleicht sogar deine Musik?

Ich denke, durch Erfahrungen und durchs Älterwerden lernt man viel mehr über Psychologie als aus Büchern. Trotzdem ist es etwas, das mich immer sehr interessiert hat, auch schon vor meinem Studium. Ich denke, zu wissen was im Leben zählt und wie wir glücklich sein können, ist eines der wichtigsten Dinge im Leben.

Als Modemagazin interessieren wir uns natürlich auch für deinen außergewöhnlichen Style – wie würdest du selbst deinen Kleidungsstil beschreiben?

Ich weiß sehr genau, was ich schön finde, was nicht und wie ich aussehen will. Aber ich bin kein Modefreak. Ich weiß auch nicht viel über Modemarken, aber Labels, die ich gerne trage sind Michael Kors und Chloé. Chloé macht schöne Blusen. Ich gehe auch nicht gerne shoppen, ich kaufe alles online.
Auf der Bühne liebe ich es, Jumpsuits zu tragen. Außerdem trage ich sehr gerne Schwarz, meine Lieblingsfarbe.

Und wie sieht es mit dem Make-up aus?

Das ist witzig, aber ich wusste nie so richtig, was ich mit meinem Make-up anfangen soll. Als ich berühmt wurde, war ich auf einmal in Fernsehshows zu Gast und wurde immer von verschiedenen Make-up-Artists geschminkt. Ich konnte mir dann aussuchen, was ich am coolsten finde und es selbst nachschminken. Ich mag es, meine Augenbrauen ein bisschen dunkler zu machen und dann einen kräftigen Lidstrich zu ziehen.

Wann hast du angefangen dich zu schminken?

Tatsächlich war das sehr spät, als ich 19 war ungefähr. Ich war eher ein jungenhaftes Mädchen. Aber die Haare trage ich so, seit ich 13 bin. Angefangen hat das aus einem Komplex heraus. Ich hatte immer das Gefühl, dass mein Kopf zu groß ist. Also habe ich versucht das mit meinen Haaren zu kompensieren und habe sämtliche Formen und Farben ausprobiert – am Ende bin ich dann hierbei geblieben.

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Wie hat sich dein Style über die Jahre hinweg entwickelt?

Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, war ich ein bisschen „Hippie“. Ich habe mir zwar keine Dreadlocks gemacht, aber es sah so aus als hätte ich welche. Danach habe ich dann oft schwarze Röhrenjeans getragen, das tue ich eigentlich immer noch. Eine Zeit lang auch schwarze Lederwesten. So mit 15 oder 16 Jahren habe ich dann angefangen High Heels zu tragen. Jeden Tag, für ungefähr zwei Jahre. Irgendwann hatte ich es dann wirklich satt, aber auf gewisse Weise war das gut, weil ich jetzt auf der Bühne in High Heels tanzen kann. Was meine Haare angeht, habe ich eine Seite abrasiert und sie rot gefärbt – ja, das war verrückt, ich habe viel mit meinen Haaren angestellt.

Klassische Frage: Welche drei Produkte hast du immer in deiner Handtasche?

Was ich gerade erst entdeckt habe, ist dieses Puder für die Haare. („Dust it Powder“ von OSIS Anm. d. Red.) Vorher habe ich vier Minuten für meine Frisur gebraucht, damit sind es nur noch zwei. Das gebe ich in meine Haare und sie bleiben fünf Tage in der gleichen Form (lacht).
Was ich auch immer dabei habe, ist eine Feuchtigkeitscreme, diese ist von Avène,?und ein pinkes Rouge, zum Beispiel das hier von MAC. Rouge ist das einzige Make-up, das ich trage, wenn ich zuhause bin, da mein Gesicht sonst schnell fahl aussehen kann.?Das sind meine drei wichtigsten Produkte – und ein Pinsel natürlich.

Was sind deine Pläne für die nächsten Jahre?

Die letzten Jahre war ich viel in Frankreich, cool ist, dass jetzt der Fokus auf Deutschland liegt. Im März habe ich viele Shows, auf die ich mich freue, danach werde ich auch auf einigen internationalen Festivals sein. Mein Album kommt am 30. März und dann werde ich nur noch spielen, spielen und spielen.

Also definitiv Musik. Hast du jemals darüber nachgedacht dein Studium fortzusetzen?

Nein. Ich meine, das wäre auch ein merkwürdiger Zeitpunkt dafür, jetzt, wo mein zweites Album veröffentlicht wird. Vielleicht eines Tages, dann aber nur aus reinem Interesse. Nein, ich hoffe sehr, dass ich für den Rest meines Lebens Musik machen kann, das ist mein großes Ziel.

Gibt es irgendeinen Tipp, den du unseren Lesern mit auf den Weg geben willst?

Ich denke – das habe ich gelesen und finde es wirklich gut – das Wichtigste ist, zu versuchen, die beste Version seiner selbst zu sein. Versuche nicht abzunehmen oder dünn zu sein, wenn das nicht du bist. Akzeptiere, wie du aussiehst und versuche dann, daraus das Beste zu machen. Sei die beste Version von dir selbst!

Tour-Termine in Deutschland

12. März – Leipzig, Täubchenthal
14. März – Berlin, Astra Kulturhaus
15. März – Hamburg, Große Freiheit 36
18. März – Köln, Live Music Hall
29. März – Frankfurt, Batschkapp

Weitere Infos zu Selah Sue und ihrer Musik unter: www.warnermusic.de/selah-sue
Die neue Single „Alone“ gibt es hier zu hören

06.03.2015