Eine Frau ein Stil

Schauspielerin Susanne Wuest im Interview

Schon seit sie ein kleines Mädchen war, wusste Susanne Wuest, sie möchte Schauspielerin werden. flair hat sie anlässlich ihres neuen Films „Ich seh Ich seh“ getroffen und mit ihr über Schönheitsoperationen, Traumrollen und ihr Leben als Schauspielerin gesprochen

(Interview: Marlene Charissé; Foto Pauline Darley: Susanne Wuest)

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Susanne Wuest, Foto: Pauline Darley

In Ihrem neuen Film „Ich seh Ich seh“ unterzieht sich Ihre Figur einer Schönheitsoperation. Wie stehen Sie selbst zu plastischer Chirurgie?

Ich verstehe jeden, der plastische Chirurgie als Wiederherstellungschirurgie betrachtet. Wenn jemand aus irgendeinem Grund entstellt ist oder das selbst so empfindet, dann ist es ein großes Geschenk, dass die Chirurgie Gesichter, Hände, Arme oder Brüste rekonstruieren kann.

Würden Sie sich selbst unters Messer legen?

Nach einem Autounfall würde ich das mit Sicherheit tun.

Sonst nicht?

We come in all shapes and sizes. Diesen Gedanken finde ich sehr schön. Wir sehen nun mal alle anders aus. Ich finde das gut. Es muss nicht jeder Doppel-D haben, bei ganz vielen Körpern würde das nicht gut aussehen. Ich fand das so toll, dass sich Keira Knightley gerade oben ohne fotografieren ließ. Sie hat ein gesundes Selbstbewusstsein: Ich bin ich und ich habe kleine Brüste und ich bin glücklich damit und ich mag mich. Like it or not.

„Ich seh Ich seh“ ist nicht nur ein Film über Schönheitsoperationen. Was ist das Besondere daran?

Zu Beginn des Films kommt die Mutter nach einer Schönheitsoperation wieder nach Hause. Ihr Gesicht ist noch bandagiert und das ist für die Kinder natürlich erschreckend. Obendrein verhält sich diese Frau anders, als die Kinder es erwarten, sie in Erinnerung haben. Schliesslich beginnen sie zu glauben, dass diese Person nicht ihre Mutter sein kann... mit schlimmen Folgen.

„Ich seh Ich seh“ ist ein Horrorfilm und auch viele Ihrer anderen Filme sind eher gruselig und düster. Welches ist ihr Lieblingsgenre?

Vorneweg, „Ich seh Ich seh“ ist eine Mischung aus Suspense-Thriller und Horrorfilm. Ich liebe Genrefilme generell. Ich bin ein großer Fan von Regisseur Guillermo del Toro. Ich finde diese Art des Erzählens von Legenden und Geschichten grandios. Seinen Film „Pans Labyrinth“ finde ich fantastisch erzählt. Wir leben in einer, manchmal so schrecklichen, Realität und ich finde es toll, wenn sowas in einer Art von Märchen erzählt wird.

Sie haben schon so viele verschiedene Rollen gespielt und verkörpern diese immer sehr realistisch. Ist es schwierig die Rolle am Ende des Drehtages wieder abzuschütteln?

Das ist bei jedem Film anders. Bei „Ich seh Ich seh“ war das auf jeden Fall schwierig, weil es so wahnsinnig intensiv war. Wir waren nur eine kleine Truppe am Rande von Österreich. Wenn du dir dann den ganzen Tag für deine Rolle einredest, es gehe dir beschissen, wird es dir auch am Abend, wenn der Dreh schon längst zu Ende ist, noch schlecht gehen. So ein Dreh dauert auch über zwei Monate, da nimmst du natürlich etwas mit. Aber es liegt dann einfach in deiner Verantwortung als professionelle Schauspielerin, damit umzugehen. Dann nehme ich mir eine Auszeit und verabschiede diese Rolle, wobei verabschieden etwas romantisch ausgedrückt ist, du musst einfach wieder zu dir selbst kommen.  

Wie bereiten Sie sich auf so eine Rolle vor? 

Zu meiner Vorbereitung zählt vor allem, dass ich sehr viel Zeit mit der Regie verbringe, weil der Regisseur im Endeffekt derjenige ist, der diese Geschichte erzählt. Und mir ist es sehr wichtig zu verstehen mit welchem Gefühl jemand an einen Film herangeht. Dieses Gefühl nehme ich auf und es trägt mich dann durch den kompletten Film. Eine Figur die zu durchdacht ist, finde ich unrealistisch.

Sie sagen, Sie nehmen ein Gefühl auf – welches Gefühl finden Sie am schwierigsten darzustellen?

Gleichgültigkeit. Ich weiß nicht wie man das spielt.

Sie haben schon als Sie klein waren entschieden, dass Sie Schauspielerin werden möchten. Woher wussten Sie das schon so früh?

Ich glaube, viele Kinder wissen schon früh, was sie werden wollen. Als kleines Mädchen hab ich mit meinen Geschwistern oft Geschichten nachgespielt, die wir gerade gelesen hatten. Bücher und Theater haben schon immer eine unheimliche Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Ich habe mit sechs Jahren noch nicht ans Geldverdienen gedacht. Und ich habe nie gesagt, ich möchte so berühmt und so reich werden wie die oder der. Aber ich habe das Gefühl, heute geschieht so eine Entscheidung oft leider nur noch aus genau diesem Grund. Alle wollen so viele Twitter-Follower wie Miley Cyrus und so reich sein wie sie und sagen deshalb werde ich Sängerin. Leider sagen nur noch wenige „Das ist eine große Leidenschaft und deshalb mache ich das zu meinem Lebensinhalt“. Ich glaube, wenn du dich aus Leidenschaft für etwas entscheidest und dir selbst treu bleibst, wirst du immer einen Weg finden glücklich zu sein.

Gibt es eine Rolle, an die Sie sich noch gut erinnern, weil Sie sie besonders gerne oder überhaupt nicht mochten?

Eine Rolle, die ich besonders mochte, war die Rolle der Sonja in „Antares“ von Götz Spielmann. Sie war vor zehn Jahren eine Art Reifeprüfung für mich. Das war der Moment, in dem ich für mich dachte, entweder ich kann das jetzt oder ich kann das nicht. Jede Rolle bringt immer eine neue Anforderung und die Rollen an die ich mich ungern erinnere, waren eben die Rollen, die das nicht getan haben.

Sie haben schon viele berufliche Erfolge gefeiert, was streben Sie in Ihrer beruflichen Karriere noch an?

Ich bin mit meinem jetzigen Status sehr glücklich, weil ich das Gefühl habe, die Leute mit denen ich arbeite, sind die Leute, die ich mir wünsche. Das ist sehr schön. Seit zwei Monaten drehe ich in der Nähe von Prag das Historiendrama „Marthes Geheimnis“ (Das Erste / Herbst 2015)
 mit aufwendigen Kostümen und das finde ich auch toll, weil ich mich verkleiden kann, wie ich das früher schon immer gerne getan habe. Wenn aber jetzt wirklich eine gute Fee vor mir stehen würde, würde ich mir wünschen, dass ich weiterhin mit kreativen Menschen zusammenarbeiten darf, die ein großes Maß an Fantasie haben. Und da ist es mir auch ziemlich egal, woher diese Person kommt oder was sie macht. Wichtig ist nur, dass diese Personen eine große Leidenschaft haben für das, was sie machen.

Gefällt Ihnen manchmal das Leben der Rolle besser als das eigene oder sind Sie abends immer froh, wenn Sie wieder sie selbst sein können?

Ich saß vor Kurzem abends im Hotelzimmer in Prag und wir hatten gerade einen erfolgreichen Drehtag hinter uns und dann hab ich mir gedacht, dass es total deprimierend ist, weil meine Figuren ein spannenderes Leben führen als ich. Film ist natürlich bunter als das echte Leben, denn im Film werden nur die spannendsten und inhaltlich wichtigen Szenen gezeigt und eben nicht, wenn jemand Kartoffeln schält oder etwas anderes belangloses macht. Ich weiß gar nicht, ob ich so viel Trara wie die Figuren im eigene Leben haben wollte, aber spannender ist es auf jeden Fall.

Über Susanne Wuest:

Susanne Wuest beginnt schon als kleines Kind mit Tanzunterricht und kleinen Rollen am Stadttheater Baden. Daraufhin nimmt sie neben ihrer schulischen Ausbildung Engagements am Konzerthaus und schließlich, nach dem Abitur, am Volkstheater Wien an. Sie spielte bereits unter der Regie von Anders Rønnow Klarlund, Géraldine Bajard, Götz Spielmann, Jessica Hausner, Severin Fiala und Veronika Franz sowie in vielen internationalen Produktionen. Als nächstes ist sie in der Ulrich Seidl Produktion ‘Ich seh Ich seh’ in der Hauptrolle zu sehen (Kinostart in Österreich: 09. Januar 2015)

11.12.2014