Storys

Carven – das coolste neue Label aus Frankreich!

# 02/13

Deswegen die Mischung aus recht „angezogenen“ Kostümen und luftigen Details und Cut-Outs in Jacketts und Kleidern?

Genau! Ich steigere mich beim Design-Prozess manchmal regelrecht hinein in dieses Gefühl meiner Protagonistin. Ich habe mir vorgestellt, wie Sie sich fühlt, diese elegante Pariser Lady in Afrika, wie Sie einerseits ihre Etikette, ihren Charme nicht ablegen mag und andererseits einfach unglaublich schwitzt! Deswegen habe ich ihr kleine Fensterchen in die Kleidung eingebaut, hier und da den Bauch freigelegt. Frischluftzufuhr!

Welches ist Ihr Lieblingsstück aus der Kollektion?

Ich denke, es ist dieses Kleid. (siehe unten)
Es ist so luftig, so figurschmeichelnd und wirkt trotzdem nicht nackt. Auf dem Print sind en miniature Touristen zu sehen, die wilde Tiere beobachten – also eine Safari-Szene. Es ist verspielt und tragbar, besitzt dennoch eine Couture-Form – diese vermeintlichen Gegensätze sind es, die mich anziehen! Dieses Kleid bringt ziemlich genau auf den Punkt, wie ich mir die Transformation des ehemaligen Couture Hauses Carven in die Jetzt-Zeit vorstelle.

Das Buch Carven - Half a Century of Elegance von Dominique Pauvé und Dolorès Marat ist im Editions Gründ Verlag erschienen; weitere Informationen unter www.carven.com

Mareile Braun, stellvertretende Chefredakteurin von Flair besuchte den 34-Jährigen Chefdesigner des Couture-Hauses Carven, Guillaume Henry in den Atelierräumen in der Rue Royale in Paris und sprach mit ihm über seine Mode, die beeindruckende Historie des Hauses Carven und die Carven Girls – früher und heute.

von Mareile Braun

Alle lieben Carven, alle wollen die lässigen Teile des Pariser Couture-Hauses tragen, das der junge Designer Guillaume Henry zu neuem Leben erweckt hat. Seine Geschichte klingt märchenhaft, ist aber wahr: Aus einem Kaff im Norden Frankreichs heraus wagt er sich als 19-Jähriger in die Modehauptstadt, gewinnt einen Nachwuchswettbewerb und übernimmt Jahre später das ehrwürdige Erbe seiner einstigen Entdeckerin. Madame Carven, die eigentlich Carmen de Tommaso heißt und heute 104 Jahre alt ist, prangt als Porträt im Büro von Guillaume Henry.

Und so beschreibt Guillaume Henry die aktuelle Frühjahr-/Sommer-Kollektion von Carven:

„Emile Gallé meets African Safari! Die Kollektion steht im Zeichen des Art Nouveau Künstlers, aber in einem Kontext einer Reise nach Afrika, irgendwann Mitte des 20. Jahrhunderts. Natürlich ist weder das eine, noch das andere wörtlich zu nehmen. Ich arbeite in meinen Kollektionen niemals 1:1. In einer indisch inspirierten Kollektion werden Sie bei mir nie Saris finden und in dieser von Afrika beeinflussten Kollektion gibt es auch keinen typischen ‚Safari-Look’.“


Bitte beschreiben Sie, was Sie an den beiden Aspekten – Art Nouveau einerseits, Afrika andererseits –interessiert hat.


„Der Ausgangspunkt einer Kollektion ist für mich immer die Frau: ihre Persönlichkeit, ihre Vorlieben. Ich würde niemals mit einer Farbe oder einem Ort beginnen, um eine Kollektion zu kreieren. Es geht um das Leben, einen Teilaspekt und diese Geschichte hat einen Anfang und ein Ende. Diesmal stelle ich mir die Carven-Frau auf einer Reise in ein afrikanisches Land vor. Sie mag die Farben, die Materialien dort, aber gleichzeitig ist sie begeistert von den ästhetischen Grundsätzen der Art Nouveau - den organischen Formen, Kurven, dem dunklen Rot, Lila Grün eines Emile Gallé. Die Frau kommt aus einer Metropole, aus Paris oder London und verlässt ihr Land in der eleganten Garderobe einer Frau von Welt, erlebt dann die Hitze Afrikas. Sie ist begeistert, beeindruckt, aber auch angestrengt von der Intensität der Natur dort. Und sie muss ihre Garderobe adaptieren...“

14.01.2013