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One-Bite-Wonder

# 12/17-01/18

Superfoods werden fast so frenetisch gefeiert wie ein neues iPhone. Alle wollen sie haben. Dabei sind die Healthy-Lifestylehelden beileibe keine junge Entdeckung, denn schon vor 100 Jahren wurde die erste Hype-Frucht gekürt. Doch welche wundersamen Heilkräfte für die Gesund- und Schönheit besitzen Goji, Matcha & Co. wirklich? flair klärt in der Dezember/Januar-Ausgabe auf.

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Fotos: pixabay

In Deutschland liegen die Wachstumsraten für moderne Superfoods mittlerweile im dreistelligen Prozentbereich. Besonders der Verkauf von Chia-Samen hat sich in den letzten beiden Jahren mehr als verdoppelt. Ein ähnliches Phänomen ist beim Matchatee zu beobachten. Laut des Fachmagazins Werben & Verkaufen verdoppelte sich beinahe der Gesamtumsatz der von Marktforschern erfassten Superfood-Artikel im Jahr 2016 von 25 Millionen Euro auf 46 Millionen Euro. Tendenz steigend! Doch während Chia mittlerweile zum „Volkssuperfood“ aufgestiegen ist, halten wissbegierige Gesundheitsfanatiker, angeführt von Stars wie Gwyneth Paltrow und Jessica Alba, längst nach dem nächsten Wunderlebensmittel Ausschau. In der Dezember/Januarausgabe stellen wir Ihnen die neuen Superfoods, ihre wundersamen Heilkräfte und
natürlichen Schönmacher vor.

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Kernkraft

Dass die Avocado mit ihren vielen ungesättigten Fettsäuren voller Gesundheitspower steckt, ist längst kein Geheimnis mehr. Spätestens seit den 1990ern wird die grüne „Butterfrucht“ ausgelöffelt, zu Mus zerdrückt oder als Gesichtsmaske aufgetragen. In diesem Jahr haben Wissenschaftler der University of Texas Rio Grande Valley allerdings erkannt, dass der wertvollste Teil der Avocado bisher kaum Beachtung fand. Das Team um Professor Debasish Bandyopadhyay untersuchte 300 getrocknete Kerne, insbesondere deren braune, papieratige Schale. Aus dessen Pulver wurde Öl hergestellt, in dem man Wirkstoffe entdeckte, die von der Schulmedizin für Anti-Virus-Medikamente und Tumortherapien eingesetzt werden. Forschungsleiter Bandyopadhyay ist der Auffassung, dass dieses Innenstück der Avocado zukünftig zur Behandlung von Krebs, Herzkrankheiten und Atherosklerose von Nutzen sein könnte.

Wunderbaum


Superfoods finden sogar in der Weltliteratur Erwähnung. Zumindest indirekt. Schon bei Antoine de Saint-Exupéry sorgt sich „Der kleine Prinz“, dass ein Baobab seinen Asteroiden überwuchern könnte. Der in Afrika beheimatete „Baum des Lebens“ ist den traditionellen Mythen nach Sitz der Götter und Geister. Die viel zitierte Heilkraft steckt in seinen großen grünen Früchten, die direkt am Ast trocknen. Das daraus gewonnene Pulver weist zehnmal mehr Antioxidanzien und sechsmal mehr Vitamin C als Orangen, mehr Eisen als Fleisch, mehr Magnesium als Spinat und mehr als den doppelten Gehalt an Kalzium als Milch auf. Laut einer Studie der Oxford Brookes University hatten Probanden, die Milch mit Baobabpulver tranken, einen niedrigeren Blutzuckerspiegel als jene, die einfach nur Milch zu sich nahmen. Die Forscher stellten fest, dass Baobab in Zukunft ein ideales Nahrungsergänzungsmittel für Diabetiker sein könnte. Der hohe Gehalt von Antioxidanzien soll auch die Haut vor frühen Alterserscheinungen schützen. Allerdings bedarf der Langzeitkonsum von Baobab weiterer Untersuchungen. So ist etwa noch nichts über seine Effekte bei Kindern, Schwangeren und stillenden Müttern bekannt.

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Foto: Denis.prévôt (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https//creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

Beerenmarke

Lange Zeit galten Acai und Goji als die unumstrittenen Superbeeren. Nun macht ihnen ein kleines violett-schwarzes Früchtchen aus Patagonien den Titel streitig. Die Maqui, auch chilenische Weinbeere genannt, ähnelt stark der Heidelbeere, ist im deutschsprachigen Raum aber noch relativ unbekannt.
Das könnte sich in Zukunft allerdings ändern, schließlich schätzen die Mapuche-Indianer, die in Chile und Argentinien leben, diese schon seit vielen Jahrhunderten. Sie verwenden Maquis auf sehr vielfältige Art, etwa zur Herstellung eines Ausdauer gebenden Getränks.
Bereits im Jahr 1844 berichtete der Naturforscher Claude Gay, dass die Ureinwohner aus den Beeren einen Saft pressten, der ihnen ungewöhnliche Stärke verlieh. Die dunklen Früchte haben einen hohen Anteil an Anthocyanen sowie Polyphenolen und besitzen wichtige Mineralstoffe und Vitamine wie Kalzium, Kalium, Eisen und Vitamin C. Durch die viel gepriesenen antioxidativen Eigenschaften sollen freie Radikale im Körper neutralisiert werden, sodass sich geschädigte Zellen sofort selbst reparieren können. Das wirkt auf natürlichem Wege dem Alterungsprozess entgegen. Maquis werden meist als Saft oder in getrocknetem Zustand offeriert, an frische kommt man wegen der langen Transportwege nur sehr selten.

Schwarzes Gold

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In Hollywoods liebstem Health-Food-Store Erewhon, direkt am Beverly Hills Boulevard gelegen, verursacht bereits ein neues It-Getränk allmorgendliche Schlangen am Coffee Counter. Ob verschlafene Startupper, Mamis mit Kinderwagen oder angehende Filmstars auf dem Weg zum Casting: Alle warten ungeduldig auf ihren „Chagaccino“.

Klingt exotisch? Ist er auch. Denn dieser ganz besondere Morgenkaffee wird nicht mit schnödem Milchschaum und Kakaopulver-Bäumchen dekoriert. Auf die Kokosnuss-Cremehaube sprenkeln die immer gut gelaunten Baristas ein skurriles dunkles Pulver mit Vanillegeschmack: Chaga.

Der „Inonotus obliquus“, so der botanische Name des Chaga, ist ein schwarzer knollenartiger Pilz, der in besonders kalten Regionen von Finnland, Russland und Kanada auf Birken wächst und verbrannter Kohle sehr ähnlich sieht. Er gilt in den traditionellen Medizinlehren Lapplands und Sibiriens als wirksames Heilmittel zur Behandlung von Magenbeschwerden, Asthma, Diabetes und vielen weiteren Krankheiten. Seine außerordentliche positive Wirkung auf das Immunsystem wurde von zahlreichen wissenschaftlichen Studien bestätigt. Der Baumpilz enthält sehr viel Zink und Germanium. Letzteres wird ebenso in der Homöopathie erfolgreich eingesetzt. Betulin und Betulinsäure sind medizinisch wirksame Substanzen der Birke, die sich im Laufe des Wachstums ebenso im Chaga ansammeln. Neueste Forschungen sollen herausgefunden haben, dass Chagapulver einer der stärksten antioxidativen Stoffe überhaupt sei. Auch für eine gesunde, schöne Haut ist der Pilz der Geheimtipp schlechthin. Altersflecken, Pickel und Schuppenflechte sollen durch seine innere und äußere Anwendung gar ganz verschwinden. Im Handel ist Chaga meist als Pulver, Tee oder in Kapseln erhältlich. Die amerikanische Marke Four Sigmatic bietet sogar „mushroom coffee“ und „mushroom hot cacao“ als Fertigmischungen an, die einfach mit heißem Wasser aufgegossen werden müssen. Doch Augen auf beim Kauf: Nicht vergleichbar mit dem wilden Pilz, der vor seiner Ernte mindestens fünf Jahre auf einem Baum wachsen muss, ist auf Farmen gezüchteter Chaga. Dieser wird binnen weniger Monate geschnitten und vermahlen und hat wegen der kaum vorhandenen Vitalstoffe keinen gesundheitlichen Wert.

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08.01.2018