flair Magazin im November 2018

„Let’s come together, right now, oh yeah, in sweet harmony.“

In der Modebranche entstehen täglich neue Communitys, ein wachsender Trend im Zeichen der digitalen Welt. Hier werden Verbindungen leicht gemacht, mit ein paar Klicks auf unseren Smartphones gehören wir zu einer Gemeinschaft, ganz nach Bedarf, und gewinnen on top noch Millionen neue Freunde dazu. Dieses Phänomen bedarf allerdings einer Leitfigur, und das sind neuerdings Designer und ihre aktuellen Modehäuser. Wechseln sie zu einem anderen Label, nehmen sie ihre „Freunde“ meist mit. Die Loyalität gehört nicht mehr einzig einer Marke, sie gehört vielmehr einer Person und dem, was diese verkörpert. Selbstverständlich tragen wir in letzter Konsequenz ihre Mode, denn sie ist der materielle Ausdruck ihrer Persönlichkeit und unserer Zugehörigkeit.

Im Leitartikel „Lass uns Freunde sein“ stellt uns flair -Featurechef Siems Luckwaldt vier Archetypen der neuen Mode-Master-Gesellschaft vor. Da wäre Alessandro Michele, der die Welt macht, wie sie ihm gefällt, und damit Gucci märchenhafte Umsätze beschert. Oder Maria Grazia Chiuri, die mit ihrem starken Selbstbewusstsein für einen neuen Feminismus einsteht und diesen mit ihrer Mode für Dior verkörpert. Auch der Self-Mader und Streetwear-Apostel Virgil Abloh, Gründer von Off-White, ist mit seiner festen Überzeugung, dass Modedesigner die Rockstars von heute sind, ein perfektes Medium für die Herrenlinie von Louis Vuitton. Und Olivier Rousteing, der seiner Community seine eigene Verletzlichkeit, Sehnsucht nach Nähe und Zugehörigkeit offenbart, gehört mit 13 Millionen Hashtag-Freunden für Balmain zur Weltspitze.

Von sperrigen Frauennetzwerken auf zu neuen, stylishen Ufern: Communitys statt Business-Netzwerke sind auch hier der Schlüssel zum Erfolg. Allerdings zeichnen sich diese durch Orte realer Begegnungen aus. Wenn auch gerne ästhetisch so konzipiert, dass sie instagramdienlich sind. Kunst, Design und Produkte im Premium-Segment sind Teil der Strategie. „Mehr Wir“ betitelt Autorin Okka Rohd ihre Reportage über die neuen Frauen-Communitys, die Style, Unterhaltung und Erlebnis voraussetzen und der „Gemeinsam sind wir stark“-Idee eine ordentliche Portion Lifestyle hinzufügen.

Kooperationen spielen in der „Neuen Welt“ eine übergeordnete Rolle. Und zwar kreuz und quer. Während Nischen-Kollaborationen zwischen Sportmarken und High-Fashion-Labels heute Standard sind, kündigen Mode-Brands fast täglich neue Paarungen an. Kunst und Mode gehören dabei zu den bekanntesten, aber Musiker, die designen, und Designer, die Musik machen? Gesundheitsschuhe, die durch ein paar kreative Kniffe vom Mainstream in die Riege der High Fashion aufstreben? Fast-Food- oder Versandhandelslogos, die zu Musen der Designer werden? Das ist anders und eröffnet durch eine neue Denkweise auch völlig neue Möglichkeiten. Wer mit wem zurzeit die Märkte erobert, lesen Sie in der neuen flair.
Dass Kooperationen nicht zwingend mit dem Steigen von Umsätzen zu tun haben müssen, sondern ihre Wurzeln in einem tieferen sozialen Verständnis unseres Daseins zu finden sind, und wie sich ein Trend zu einem besseren Miteinander entwickelt, erklärt der renommierte Philosoph und Historiker Hannes Weinelt in seinem berührenden Essay für flair. Kooperation statt Konkurrenzdenken lautet die neue revolutionäre Formel.

Gemeinsam sind wir eben alle stärker.
Wir wünschen Ihnen viele gemeinsame Momente mit flair.

Ingrid Geringer, Chefredaktion